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Bundesrat plant neue Vorschriften für Vermieter

31.10.2013

Mietrecht – Im Zusammenhang mit Mietzinserhöhungen sind Formalhürden bezüglich energetischer Verbesserungen geplant.

Der Bundesrat hat eine Anhörung über eine Änderung der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) lanciert. Vorgeschlagen werden neue Vorschriften für Vermieter zur Berechnung und Mitteilung von Mietzinserhöhungen infolge von wertvermehrenden Investitionen, energetischen Verbesserungen und anderen  Mehrleistungen. Der Hauseigentümerverband Schweiz lehnt die vorgeschlagenen Änderungen ab. Sie mögen harmlos tönen, sind es aber nicht. 


Neuerungen sind undifferenziert und unnötig


Gemäss geltendem Mietrecht kann der Vermieter infolge einer Investition, mit welcher ein Mehrwert oder eine energetische Verbesserung geschaffen wurde, den Mietzins erhöhen. Die Mietzinserhöhung muss sodann mit dem kantonal genehmigten Formular für Mietzinserhöhungen mitgeteilt und begründet werden.  Dass öffentliche Förderbeiträge von den Investitionskosten für die Berechnung der Mietzinserhöhung infolge von Mehrleistungen in Abzug zu bringen sind, ist in der Praxis unbestritten, wird so gehandhabt und hat zu keinerlei nennenswerten Problemen geführt. Eine diesbezügliche Ergänzung der Verordnung kann daher mit Fug und Recht als überflüssig bezeichnet werden. Die vorgeschlagene Verordnungsergänzung verlangt nun, dass die öffentlichen Förderbeiträge vom Betrag der Mehrleistung (und nicht von der Gesamt-investition) in Abzug zu bringen sind. Als Begründung für diese Verordnungsregelung wird in den Erläuterungen zum Entwurf geltend gemacht, dies entspreche der Praxis des Bundesgerichts (BGer 4A_ 484/2011). In diesem Entscheid hat das Bundesgericht aber nicht apodiktisch festgehalten, dass die Förderbeiträge vom wertvermehrenden Anteil der Investitionskosten abzuziehen sind. 


Massgebend muss der Zweck der Fördergelder im konkreten Fall sein. Problematisch ist daher die völlig offen gehaltene neue Bestimmung, welche sich offenbar auf sämtliche erdenklichen öffentlichen Förderbeiträge beziehen soll. Dabei ist es durchaus möglich, dass andersgeartete Fördergelder auch teilweise an Unterhaltsmassnahmen ausbezahlt werden oder dass bei umfassenden Überholungen – je nach Subventionsart – gar nicht klar spezifiziert wird, für welchen individuellen Teil der Massnahme die Subvention ausgesprochen wird. 



Folgenschwere Formularhürde


Mit der zweiten Änderung wird eine Erweiterung des obligatorischen Inhalts des Formulars für die Mitteilung von Mietzinserhöhungen bei Mehrleistungen vorgeschlagen. Neu wird im Formular die genaue Bezifferung der öffentlichen Förderbeiträge verlangt. Dies soll offenbar den Mietern das Nachvollziehen und Überprüfen der korrekten Berechnung des neuen Mietzinses und des  Abzugs der Förderbeiträge ermöglichen. Damit werden aber der Zweck und die geltende Praxis verkannt. Die Berechnung der Mietzinserhöhungen infolge von Mehrleistungen ist nämlich kaum je auf dem Formular selbst enthalten (dafür hätte es auch gar keinen Platz). Wird nun im Formular selbst der Betrag der öffentlichen Förderbeiträge aufgeführt, während die Berechnung der Erhöhung selbst zu Recht nicht im Formular enthalten ist, so wird damit mehr Verwirrung als Klärung für die Mieter geschaffen. Massgebend ist die korrekte Erstellung der Berechnung der Erhöhung.  Bei Zweifeln an deren Korrektheit kann der Mieter beim Vermieter nachhaken oder diese in einem kostenloses Verfahren vor der Schlichtungsbehörde überprüfen lassen. 


Für die Vermieter würde mit dieser vorgeschlagenen neuen Formularangabe eine neuerliche folgenschwere Formalhürde geschaffen. Denn die Formalismen sind pingelig genau zu beachten: Ein noch so kleines Abweichen wird mit der Nichtigkeitsfolge sanktioniert. Das mangelhafte Ausfüllen des Formulars oder eine «unklare» Begründung machen – nach Ansicht der Gerichte – die ganze Mietzinserhöhung nichtig. Für Vermieter hat dies verheerende finanzielle Folgen; denn ein Mieter kann sich auf die Formnichtigkeit auch noch nach Jahren berufen und die Rückerstattung aller (gestützt auf die Mietzinserhöhung) während Jahren bezahlten Mietzinsen fordern. Vergisst er beispielsweise den Förderbetrag auf dem Formular aufzuführen, so würde er sämtliche (materiell und sachlich absolut gerechtfertigten) Mietzinszahlungen, retournieren müssen!


Dazu kommt, dass völlig unklar ist, was mit «Betrag der öffentlichen Förderbeiträge» gemeint ist: der Betrag, den der Vermieter für die Gesamtinvestition erhält, kann ja kaum gemeint sein, denn für den Mieter ist nur jener Teil relevant, welcher sich auf sein Mietobjekt bezieht. Der Mehrwert und die Erhöhung fallen oft je nach Massnahmen nicht für alle Gebäude und Wohnungen gleich aus. Ebenso wird wohl ein öffentlicher Förderbeitrag an das gesamte eingereichte Bauprojekt bezahlt, der sich aber aus den verschiedenen Massnahmen zusammensetzt und sich daher auch in unterschiedlicher Höhe auf die einzelnen Gebäude und Wohnungen auswirkt. Was hat der Vermieter nun im Formular einzusetzen?



Fazit


Der Hauseigentümerverband lehnt die neuen Verordnungsvorschriften ab. Sie würde für die grosse Zahl nicht professioneller Vermieter eine weitere Formalismus-Falle und entsprechend verheerende Verlustrisiken schaffen. Diesem gravierenden Risiko für Vermieter steht sodann kein nennenswerter Vorteil für die Mietenden gegenüber. Das geltende Mietrecht krankt an zu vielen Formalismen. Zusätzliche Formalismen und Anforderungen, welche für Vermieter formale Fehlerquellen darstellen, deren Vermeidung den Beizug von Fachjuristen nötig macht, lehnt der HEV Schweiz ab. 

 

Autorin: Monika Sommer, lic. iur., eidg. dipl. Immobilientreuhänderin, Stellvertretende Direktorin HEV Schweiz

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